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La Viarte: Familie Ceschin und der Respekt vor dem Terroir

Identität

zu Wein gemacht

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Die Gemeinde Prepotto in den südöstlichen Colli Orientali del Friuli gilt als die Urheimat des Schippettino. „Der Schioppettino di Prepotto ist hier geboren, im Judrio-Tal zwischen Italien und Slowenien“, erzählt Giulio Ceschin, „er hat keine lange geschriebene Geschichte, aber wir wissen, dass es die Hauptsorte bei den reichen Familien von Prepotto war; in Mengen, die für die damalige Zeit beachtlich waren.“ Durch die Reblauskatastrophe im 19. Jahrhundert und später mit dem Aufstieg der internationalen Sorten waren diese und andere autochthone Weine des Friaul ins Hintertreffen geraten. Aber noch 1939 stellt der Autor eine Sortenkunde fest, dass Prepotto für den Schoppettino optimal geeignet ist, weil hier seine Merkmale deutlicher als überall sonst zum Vorschein treten.

Dazu muss ein Wein nach Ansicht Ceschins nicht unbedingt perfekt sein: „Er braucht seine Geschichte, um verstanden zu werden. Man gibt unwillkürlich verschiedene Dinge dazu, wie Kultur, die Menschen oder die Plätze und Aussichtspunkte, die man genossen hat. Das ist wichtig für mich. Das sollte es sein, was ein Weinkenner Wert schätzt, mehr als Perfektion, die mit jedem Ort, jeder Zeit und jeder Mode wechselt.“

 

Dass La Viarte nahezu energieautark ist, passt wunderbar in dieses Mosaik aus Rücksicht und Respekt vor der Natur. 1978 wurde das Weingut erbaut und mit den Jahren zu einer stattlichen Anlage erweitert. Ein großer Teil des Daches besteht aus Sonnenkollektoren, die den vollen Verbrauch eines Jahres zu decken imstande sind.

Der Önologe Giulio Ceschin weiß um das ideale Klima, das ihm der Platz genau zwischen der Adria und den Julischen Alpen bietet, und er kennt die feinen Unterschiede, die in den einzelnen Zonen des Friaul herrschen und so zu einer Vielfalt an autochthonen Sorten geführt haben. Überaus wesentlich ist der Boden, die Ponka, die aus abwechselnden Schichten von Mergel und Kalkstein besteht. Die Felsen sind gebrochen und geben dem Wein die Möglichkeit, tief hinab zu wurzeln, um wertvolle Elemente und Wasser zu finden, das wiederum durch diese feinen Klüfte idealerweise aus den oberen Schichten abfließen kann und zu einer sanften Drainage des Bodens beiträgt. Auch der von Ceschin hochgeschätzte Wald spielt eine wesentliche Rolle. Er säumt er die oberen Ränder der Weinberge und reguliert auf seine Weise das Kleinklima rund um La Viarte.

 

In Rücksicht auf alle diese Faktoren werden die Weingärten angelegt; mit einer dichten Bestockung (7000 Rebstöcke pro Hektar), mit gezielter Ertragsreduzierung, die an der Hälfte des bei DOC erlaubten Maximums liegt, und nicht zuletzt mit der genau bedachten Auswahl der Rebsorten für den jeweiligen Platz. Mit sorgsamer Lese und behutsamer Verarbeitung erhält wiederum jede Sorte ihre individuelle Behandlung, um die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit von Friulano, Ribolla Gialla, Pignolo, Refosco, Tazzelenghe oder eben Schioppettino di Prepotto zur idealen Entfaltung zu bringen.

 

„Wein herzustellen schließt eine Art gemeinsame Kultur der Technik und des Charakters ein“, umreißt der Winzer seine Philosophie, „und den Respekt vor der Art.“ Er sieht sich nicht als Weinmacher, der den Wein nach seinem Image gestalten will. Wein soll den Ort, wo er gewachsen ist, widerspiegeln. „Wir versuchen ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst auszudrücken. Der Weinmacher ist wesentlich weniger wichtig als das Terroir“, ein Gedanke, der von mehr und mehr Weingütern mitgetragen wird: „Der Wein als Identitätskarte für den Platz.“

Die Muttersprache von Giulio Ceschin ist Italienisch. Er spricht aber auch Friulanisch und hat etliche Weine mit Ausdrücken aus dieser alten, dort eingesessenen Sprache benannt. „Lïende“, die Legende, ist eine Cuvée aus Friulano, Chardonnay und Sauvignon, „Ròi“, der Bach, ist Merlot und Cabernet und „Siùm“ bedeutet Traum, eine Cuvée aus Picolit und Verduzzo, die von Ceschin mit viel Poesie beschrieben wird: Ein sehr gefühlsbetonter Wein, der sinnliche Empfindungen weckt, die über die Jahre hinweg zu kostbaren Erinnerungen werden.

 

Siùm ist auch der Traum, den sich seine Eltern Giuseppe und Carla Ceschin mit diesem Weingut 1973 erfüllten und der von Giulio und seiner Frau Federica als La Viarte, als Frühling, erfolgreich weitergepflegt wird.


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